Es war vor fünf Jahren, als Andrea Crosta auf einer Reise durch Kenia ein totes Elefantenbaby sah – abgeschlachtet von Wilderern. Laut WWF sind seit 2006 die Elefantenbestände Afrikas um mehr als 110.000 Tiere geschrumpft, vor allem aufgrund von Wilderei. Derzeit gibt es noch rund 350.000 Elefanten in Afrika – zu Beginn des 20. Jahrhunderts waren es mehrere Millionen.
Der Italiener Andrea Crosta, der bereits zahlreiche Naturschutzprojekte betreut und als Sicherheitsberater gearbeitet hat, gründete 2013 die Elephant Action League und in weiterer Folge die Whistleblower-Plattform WildLeaks, um illegalen Elfenbeinhändlern das Handwerk zu legen. Offiziell ist der Handel mit Elfenbein seit 1989 verboten, doch der Schwarzhandel blüht. Der WWF rechnet mit der Ausrottung der Elefanten innerhalb von 15 Jahren, sollte die Wilderei nicht gestoppt werden.
Wo werden die meisten Elefanten geschossen?
In Tanzania, Südafrika und Mosambik. In Kenia, wo ich mein Schlüsselerlebnis hatte, gibt es weniger Wilderei, allerdings ist der Hafen von Mombasa ein Umschlagplatz für illegal gehandeltes Elfenbein.
Wohin wird das Elfenbein exportiert?
In erster Linie nach China und Vietnam, in China gelten Dekorationsstücke aus Elfenbein als Statussymbol. Aber auch europäische Länder sind in den illegalen Handel involviert. (In Österreich wurden im vergangenen November 90 Elefantenstoßzähne sichergestellt, einer der größten Funde von Elfenbein in der EU; Anm.)
Wo liegen die Probleme?
Das Hauptproblem sind korrupte Regierungen und Politiker in Afrika, die den illegalen Handel zulassen. In Zentralafrika gibt es diesbezüglich quasi keine Gesetze. Dazu kommt, dass viele Wilderer arm sind, oft Analphabeten mit großen Familien. Wie kann man diese Leute verurteilen? Sie bekommen für einen toten Elefanten eine Geldsumme, die einem Jahresgehalt entspricht. Ich sage immer: ehrliche Menschen haben in Afrika Heldenstatus, Korruption ist in vielen afrikanischen Ländern Teil des Systems. Die Kombination aus mangelndem politischen Willen und der weit verbreiteten Armut ist das Grundproblem.
Gibt es auch Positivbeispiele?
In Botswana werden Wilderer und Händler hart bestraft, der Präsident steht hinter dem Verbot. In diesem Land gibt es zudem einen florierenden Tourismus in der gehobenen Preisklasse, die Wirtschaft wächst. Kenia liegt irgendwo dazwischen, hier gibt es immerhin das Kenya Wildlife Service.
Wie sieht Ihre Arbeit aus?
Wir konzentrieren uns darauf, die Elfenbeinhändler aufzuspüren, nehmen Undercover Kontakt mit ihnen auf. Darüber hinaus arbeiten wir mit Organisationen wie der Wildlife Justice Commission in Den Haag zusammen.
Gibt es bereits Fortschritte?
Die chinesische Regierung hat ein Verbot des Elfenbeinhandels ab Ende 2017 beschlossen. Dahinter steckt jahrelange Arbeit von NGOs und Diplomaten, aber auch US-Präsident Obama hat dazu beigetragen. Die ersten Stätten für Elfenbeinschnitzerei in China wurden bereits geschlossen. Voraussetzung für eine Verbesserung ist natürlich, dass die Gesetze bezüglich des Verbots auch vollstreckt werden.
Woher kommt ihre Leidenschaft für Elefanten?
Die Liebe zu Tieren wurde mir bereits in die Wiege gelegt, aus diesem Grund wurde ich auch Vegetarier. Ich glaube, dass alle Kinder diese Tierliebe haben, vielen geht sie jedoch später verloren.
Was ist Ihre Philosophie?
Es war für mich immer wichtig, Neues auszuprobieren, auch bei meiner Arbeit. Wenn du in deiner Komfortzone bleibst, kannst du langfristig nichts verändern. Ich sage den Leuten immer: Probiert es aus! Wenn ihr es nicht probiert, könnt ihr nicht wissen, ob es klappen kann. Auch wenn ihr scheitert, habt ihr etwas Neues dazu gelernt.
Andrea Crosta ist einer der Protagonisten der preisgekrönten Doku „The Ivory Game“. Produziert wurde der Film von den österreichischen Terra Mater Factual Studios gemeinsam mit Vulcan Productions, einem Unternehmen von Microsoft-Mitbegründer Paul Allen, und Appian Way, der Produktionsfirma von Oscarpreisträger Leonardo DiCaprio.