„Only bad news is good news“ lautet einer der Leitsätze des Journalismus – warum eigentlich? Eine Erklärung lautet, dass wir im Laufe der Evolution darauf programmiert wurde, negative Informationen stärker zu gewichten als positive, weil das unser Überleben sicherte. Da drängt sich die Frage auf: Sind wir immer noch auf Bad News angewiesen, um zu überleben? Eine Umfrage des deutschen TV-Senders RTL ergab, dass fast die Hälfte der Befragten die täglichen Nachrichten zu negativ finden: 45 Prozent der Befragten empfinden TV-Nachrichten als „zu problembeladen“, 35 Prozent bekannten, ihnen machten TV-Nachrichten Angst, 80 Prozent wünschten sich Lösungsansätze.
Der schwedische Uni-Professor Hans Rosling entwickelte in den 90er Jahren den sogenannten Ignoranz-Test, in dem es um Fragen zu globalen Fakten wie Armut, Lebenserwartung oder Einkommensverteilung geht. Die Ergebnisse des Tests sind meist ähnlich: Die Lage auf dem Planeten wird zu pessimistisch eingeschätzt. So liegt die durchschnittliche Lebenserwartung weltweit bei 70 Jahren, mehr als die Hälfte der Befragten tippte jedoch auf 60 Jahre. Nur sieben Prozent der Amerikaner wussten, dass sich der Anteil der in extremer Armut lebenden Weltbevölkerung seit 1990 halbiert und nicht etwa verdoppelt hat, wie rund die Hälfte glaubten. „Die allermeisten Menschen im Westen nehmen nicht wahr, wie schnell und tiefgreifend sich der Rest der Welt verändert, und zwar oft zum Besseren“, sagt Rosling und macht die Medien für diese Sichtweise mitverantwortlich.
Das Problem von Negativschlagzeilen: Sie vermitteln eine einseitige Sicht der Welt und hinterlassen ein Gefühl der Ohnmacht. Medienkonsumenten fühlen sich aus der Pflicht genommen, da sie den Eindruck bekommen, ohnehin nichts an der Lage der Welt ändern zu können. Hier setzt der konstruktive oder lösungsorientierte Journalismus an, der von Ulrik Haagerup geprägt wurde. „Sehen wir die Welt mit beiden Augen oder nur mit dem Auge, das die beste Geschichte kreieren will?“, fragt der Gründer und Leiter des dänischen Constructive Institute in seinem Buch „Constructive News“. Lösungsorientierter Journalismus bedeutet nicht, die Welt durch eine rosarote Brille zu sehen oder sich ausschließlich auf positive Nachrichten zu konzentrieren. Es geht darum, bei all den Herausforderungen unserer Zeit weiter zu denken und mögliche Lösungen aufzuzeigen. Der konstruktive Journalismus will zur Eigenverantwortung anregen und Mut machen.
Das ist auch das Ziel meiner Arbeit: Ich fordere meine LeserInnen auf, einen Blick über den eigenen Tellerrand zu werfen. Um im besten Fall eine neue, positive Sichtweise auf die Welt, in der wir leben, zu erlangen.
Buchtipps: „Schluss mit dem täglichen Weltuntergang„, Maren Urner; „Wie wir die Welt sehen„, Ronja von Wurmb-Seibel
Hier gehts zu meinem TEDx-talk über konstruktiven Journalismus.
Diskussion beim Journalistinnenkongress 2016 über konstruktiven Journalismus.