In unserer Gesellschaft legen wir viel Wert auf zivilisierte Umgangsformen, gleiche Rechte für alle gelten als Selbstverständlichkeit. Doch wenn es um sogenannte Nutztiere geht, fahren wir die Scheuklappen hoch.
Weil wir es nicht besser wissen (oder es nicht wissen wollen), gehen wir beim ersten Anzeichen einer Krankheit in die Apotheke und kaufen Medikamente, die an Tieren getestet wurden. Um nicht auf unser geliebtes Steak oder Schnitzel verzichten zu müssen, verdrängen wir alles, was wir bereits über die Massentierhaltung wissen. Gleichzeitig behandeln wir Haustiere wie unsere besten Freunde. Wir kämen nie auf die Idee, Hunde zu verspeisen (wie es in 44 Ländern weltweit üblich ist), haben aber kein Problem damit, saftige Schweinsrippchen zu essen. Schweine sind verspielte und empfindsame Tiere, sie lernen weitaus schneller als Hunde. Wir lesen unseren Kindern „Bambi“ vor und lassen uns am nächsten Tag einen Rehbraten schmecken. Ähnlich ist es mit Kälbern, Hasen oder Lämmern. Wir freuen uns an Bildern von gelben und flauschigen Küken, lassen es aber zu, dass alleine in Österreich Millionen dieser Tiere jährlich ermordet werden – weil die Nachfrage nach Eiern steigt und männliche Küken dadurch nutzlos werden (einzig Bio-Küken dürfen leben). Obwohl das Bewusstsein über die Auswirkungen des weltweiten Fleischkonsums wächst – so trägt die industrielle Tierhaltung maßgeblich zum Klimawandel bei (Schätzungen reichen von 18 Prozent bis 51 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen) – werden Vegetarier und Veganer oft belächelt oder gar diskreditiert.
Ich höre in Diskussionen über das Fleischessen oft das Argument: „Natürlich esse ich nur noch Fleisch, von dem ich weiß, woher es kommt.“ Aber Hand aufs Herz: wer macht sich wirklich die Mühe, dem Bauern, der das Fleisch liefert, einen Besuch abzustatten? Wer kauft regelmäßig Bio-Fleisch, das doppelt so viel kostet wie herkömmliches (weil der Aufwand in der Haltung ungleich größer ist)? Wie viele Restaurants oder Kantinen gibt es, die Fleisch in Bio-Qualität anbieten? Und, die für mich ausschlaggebende Frage: Rechtfertigt das Bio-Label tatsächlich das Töten von Tieren?
Viele Menschen, die auf Fleisch verzichten, essen dennoch Fisch. Untersuchungen des Verhaltens von Fischen haben in den letzten Jahren ergeben, dass diese weitaus mehr geistige Fähigkeiten besitzen als bisher angenommen. In seinem Buch „Tiere essen“ vergleicht Jonathan Safran Foer die industrielle Fischindustrie mit Kriegsführung. Forscher vom Fisheries Centre der University of British Columbia sagen, dass „unser Umgehen mit Fischereiressourcen einem Vernichtungskrieg gleicht“.
„Tiere empfinden wie der Mensch Freude und Schmerz, Glück und Unglück.“ Charles Darwin
Unsere Doppelmoral endet nicht beim Essen. Wenn ich Texte lese, die einen wissenschaftlichen oder medizinischen Hintergrund haben, fällt mir auf, wie beiläufig Tierversuche an Mäusen, Ratten oder Meerschweinchen erwähnt werden. Jedesmal frage ich mich, weshalb es als so selbstverständlich hingenommen wird, dass Tiere manipuliert und gequält werden. In Ländern wie Deutschland sind Tierversuche an Affen, den engsten Verwandten des Menschen erlaubt. Der Verein Ärzte gegen Tierversuche stellt fest: „Tierversuche sind nicht geeignet, die Wirkung und Gefährlichkeit von Stoffen für den Menschen zu beurteilen“. Alternativ- und komplementärmedizinische Methoden wie Homöopathie oder Traditionelle Chinesische Medizin kommen ohne Tierversuche aus. Und dabei geht es nicht nur um Tierversuche in der Medizin, sondern auch für kosmetische Produkte – garantiert tierversuchsfrei sind nur Produkte mit geprüftem Siegel.
Richard David Precht schreibt in seinem Buch „Tiere denken„: „Wenn wir ohne Skrupel die Vorteile von Massentierhaltung und Tierversuchen genießen, so vor allem deshalb, weil wir das Leiden selten sehen und daher gut verdrängen können.“
Ein Kommentar
zur Präzisierung meines LIKE : mir gefällt sehr, dass dieser Artikel geschrieben wurde und für dieses Thema die Menschen sensiblisieren möchte, mir gefällt auch, wie er geschrieben wurde, mir gefällt nicht, dass viele Tiere (immer noch) unnötig sehr leiden müssen: siehe Massentierhaltung, für die Kosmetik- und für die Pharmabranche 🙁