Das Wohnprojekt Wien zeigt vor, wie sich Nachhaltigkeit mit sozialem Zusammenhalt kombinieren lässt.

Inmitten der Betonbauten am ehemaligen Nordbahnhofgelände in der Wiener Leopoldstadt sticht ein Gebäude aus Holz hervor: das Wohnprojekt Wien. Es wurde von den Bewohnern gemeinsam mit dem Architekturbüro einszueins geplant und gestaltet und wurde 2013 eröffnet. Heute wohnen viele Familien in dem Haus am Rudolf Bednar-Park. Ich treffe Nadine Hilmar, Mutter dreier Kinder, im Kinderspielraum. Während ihre Tochter Annika hingebungsvoll mit Legosteinen spielt, erzählt die 38 jährige von dem Projekt, in das sie von Anfang an eingebunden war. „Wir verwalten das Wohnprojekt gemeinsam in Gruppen, ich bin Mitglied der Finanzgruppe.“ Die Bewohner sind aufgerufen, sich durchschnittlich zehn Stunden pro Monat einzubringen. Jeden Tag wird in der Gemeinschaftsküche gekocht: „Man kann sich täglich bis 10 Uhr für den Mittagstisch anmelden.“
Das Gemeinschaftsgefühl unter den Nachbarn ist groß
Mittlerweile hat Ivana sich zu uns gesellt, ebenfalls Mutter dreier Kinder. Sie schwärmt vom Dachgarten des Hauses, in dem die Kinder vor allem das gemeinsame Planschbecken lieben. „Es ist eine gute Atmosphäre hier im Haus.“ Beide Frauen legen viel Wert darauf, Ressourcen zu teilen und nicht alles neu kaufen zu müssen. Nadine Hilmar, professionelle Familienbegleiterin, schätzt zudem das Gemeinschaftsgefühl im Wohnprojekt. „Die Kinder können jederzeit ihre Freunde im Haus besuchen und wenn ich schnell einkaufen gehen möchte, bitte ich Nachbarn, auf die Kinder zu schauen.“ Im Haus gibt es ein eigenes Carsharing, einen geräumigen Fahrradraum und ein Lastenrad, das allen zur Verfügung steht. Die foodcoop „Krakarotte“ bezieht Lebensmittel von regionalen Bauern.
Auch Flüchtlinge werden aufgenommen

Wir setzen unser Gespräch im „Salon am Park“ fort, der von acht Bewohnern des Hauses geführt wird. Hier gibt es nicht nur regionale und biologische Produkte, sondern auch Veranstaltungen aller Art – und köstlichen Kaffee. Zum Wohnprojekt gehören außerdem ein Gemeinschaftsgarten, zwei Veranstaltungsräume sowie zwei Gästeapartments. In einem der Apartments ist zur Zeit eine syrische Flüchtlingsfamilie untergebracht. „Zudem gibt es zwei geförderte Wohnungen für Menschen mit geringem Einkommen“, ergänzt Hilmar. Von den Bewohnern wird dafür ein Soli-Beitrag eingehoben. „Jeder zahlt, so viel er möchte und kann.“ Das Wohnprojekt Wien wurde 2014 mit dem Staatspreis für Archtitektur und Nachhaltigkeit ausgezeichnet.