Immer mehr Initiativen setzen sich für das Tauschen und Teilen von Alltagsprodukten ein. Auf diese Weise werden Ressourcen geschont und Menschen vernetzt. Veröffentlicht im Magazin Konsument.
Im Geschäftslokal des Wiener Vereins Diversoviel herrscht reges Kommen und Gehen. Stefanie Maczijewski gibt am Eingang Kärtchen mit Nummern aus, die die Anzahl der mitgebrachten Kleidungsstücke anzeigen. „Genauso viele Stücke, wie abgegeben wurden, dürfen auch wieder mitgenommen werden“, erklärt sie. Im Hinterzimmer sind die Kleidungsstücke nach Hosen, Röcken usw. geordnet, vorne gibt es Erfrischungen in Form von Kaffee und Keksen. Auch ein kleiner, abgetrennter Bereich zum Anprobieren der Kleidung ist vorhanden. „Bei Diversoviel setzen wir uns für Vielfalt und Begegnung ein“, erklärt Stefanie Maczijewski. Veranstaltungen wie Kleidertausch, Näh- oder Sprachentreffs finden regelmäßig statt.
Auch in der Wiedner Hauptstraße werden Kleider getauscht, veranstaltet von der Agenda Margareten gemeinsam mit den Bökos, einer Studierendengruppe, die sich für ein sauberes Margareten einsetzt. Was an Kleidern übrigbleibt, wird an die Carla Läden der Caritas Wien gespendet. „Ich mag Kleidertauschbörsen, weil ich Dinge, die ich nicht mehr brauche gegen etwas Neues eintauschen kann und dabei auch noch Geld spare“, sagt Amelie W. Auffällig ist, dass fast nur Frauen bei diesen Events anzutreffen sind.
Alternativen zum Shoppen Tauschen statt kaufen, teilen statt besitzen – so lautet das Credo der Sharing-Bewegung, die sich wachsender Beliebtheit erfreut. Sie bildet einen Gegenpol zum unbedachten Shoppen, das angesichts des Zustandes unseres Planeten immer mehr in Verruf gerät. Denn die Ressourcen des Planeten werden gnadenlos ausgebeutet – durch ein Wirtschaftssystem, das ständig neue Waren produziert und von Konsumenten, die unkritisch einkaufen.
Gerade bei Kleidung sind die Auswirkungen der Massenproduktion enorm: Fast Fashion wird immer billiger produziert und findet in immer kürzer werdenden Abständen ihren Weg in die Geschäfte: Große Textilunternehmen bringen jedes Jahr bis zu 24 Kollektionen auf den Markt. Um die Mode möglichst billig produzieren zu können, werden Arbeiter und Näherinnen in den Herstellerländern China, Bangladesch und Indien ausgebeutet. Dazu kommen ökologische Probleme wie beim Baumwollanbau: Die Herstellung eines einzigen T-Shirts verschlingt 2700 Liter Wasser; nirgendwo werden so viele Pestizide verwendet wie in der Baumwollproduktion.
Ein Auto für Viele Während viele Sharing-Modelle auf großen Online-Plattformen zu finden sind, wächst auch die Zahl der privaten Initiativen: Britta S. teilt sich mit zwei anderen Frauen ein Auto. „ Ich hätte sicher kein eigenes Auto, wenn es diese Vereinbarung nicht gäbe“, sagt die Wienerin. Koordiniert wird das private Sharing-Konzept über die App „WeeShare“. „Wenn sich jemand von uns einträgt, sind diese Termine blockiert. Jede tankt das Auto voll, bevor sie es zurückgibt.“ Laufende Kosten wie Versicherung werden gedrittelt, alles andere wird anhand der gefahrenen Kilometer prozentuell aufgeteilt. Und mögliche Unfälle? „Es ist noch kein Unfall passiert, aber wir haben uns überlegt, dass wir die anfallenden Kosten dritteln würden“, sagt Britta S. „Denn es kann jeder von uns passieren.“
Bei Plattformen wie Getaround oder GoMore können Autos gemietet oder auch vermietet werden. „Unsere Städte sind voller geparkter Autos“, heißt es auf der Homepage von GoMore. „96 Prozent der Zeit stehen sie nutzlos herum – und falls sie mal benutzt werden, dann sitzt man meist alleine drin.“ Das Ziel der Betreiber ist es, die Zahl der Autos in den Städten zu halbieren. Julia S. vermietet ihr Auto über beide Plattformen und ist zufrieden damit: „Ich brauche mein Auto nur an kalten Winter- oder Regentagen, sonst fahre ich mit dem Fahrrad.“ Über die Einnahmen aus der Vermietung erhält sich das Auto selbst. Dass das Modell beliebt ist, zeigt die Dichte der Autos im Bezirk der Wienerin. „Allein in meiner näheren Umgebung gibt es fünf Autos, die auf Getaround registriert sind“, so Julia S., die in fünf Jahren Vermietung nur gute Erfahrungen gemacht hat.