Seit mehr als zwei Jahren ist Artemisia Annua oder einjähriger Beifuß als mögliches Heilmittel bei Covid 19 im Gespräch, doch Studien dazu versanden oder werden gar nicht erst finanziert. Pharmaindustrie und Politik spielen dabei eine unrühmliche Rolle.
„Kräutertrank aus Afrika soll gegen Corona helfen“, „Vermeintliches Heilmittel gegen Corona“, „Angebliches Covid-Wundermittel“ – so titelten einige Medien im Frühsommer 2020. Die Rede war von Covid Organics, einem Getränk, das von Madagaskars Präsident Andry Rajoelina als Heilmittel gegen Covid 19 präsentiert wurde. Der Kräutertrunk wurde vom Madagassischen Institut für Angewandte Forschung entwickelt, das bereits mehrere international erfolgreiche Heilmittel entwickelt hat. Weitere afrikanische Staaten wie Tansania, Kongo oder die Zentralafrikanische Republik bestellten Covid Organics, die Skepsis in westlichen Medien war groß.
Kein Geld für Forschung Der Hauptinhaltsstoff von Covid Organics ist Artemisia Annua oder einjähriger Beifuß, eine Heilpflanze, die in gemäßigten Breitengraden wächst und auch in Europa angebaut werden kann. Die chinesische Pharmakologin Dr. Youyou Tu machte bereits im Jahr 1972 Artemisinin als wichtigsten Wirkstoff gegen Malaria aus, 2015 bekam sie für ihre Forschung den Medizinnobelpreis. Weitere Studien ergaben die Wirksamkeit von Artemisia Annua auch bei Krebserkrankungen, Borreliose oder Diabetes. Praktiker der Traditionellen Chinesischen Medizin wissen seit Jahrtausenden um dessen antivirale und fiebersenkende Wirkung.
Die Überraschung war groß, als im Februar 2021 eine In Vitro-Studie zeigte, dass Artemisia Annua und das verwandte Artemisa Afra tatsächlich gegen SARS-CoV-2 wirksam sind. „Eine klinische Studie in Mexiko läuft noch – aber der Befund an sich ist schon sehr überraschend“, sagte Studienleiter Peter Seeberger vom Max Planck-Institut damals gegenüber Multipolar. Mehr als ein Jahr später lässt das Ergebnis der klinischen Studie immer noch auf sich warten. „Die Mexikaner haben die Studie nie publiziert“, so Seeberger gegenüber Multipolar. „Wir haben sehr interessante Resultate, aber bis zu einer Publikation wird es noch dauern. Bis dahin kann ich leider nichts sagen.“ Wie Multipolar von anderer Stelle erfuhr, wurde die Studie offenbar aus Kreisen der Pharmaindustrie gestoppt.
Auch Pamela Weathers, Professorin für Biologie und Biotechnologie am Worcester Polytechnic Institute und international anerkannte Expertin für Artemisia Annua, hat die durch In Vitro-Studien erwiesene Wirksamkeit bei allen Covid-Varianten bestätigt. Gemeinsam mit Forschern von der Columbia University in New York und der University of Washington in Seattle wies sie nach, dass Extrakte aus den Blättern des einjährigen Beifuß eine antivirale Wirkung gegen das SARS-CoV-2 aufweisen. Das Geld für klinische Studien fehle jedoch, sagt Pamela Weathers gegenüber Multipolar „Das ist unglaublich frustrierend, da die WHO das Potenzial dieser Pflanze zu ignorieren scheint.“ Ohne klinische Studien würde das Ergebnis wissenschaftlich nicht anerkannt. „Die WHO steht für globale Gesundheit und insbesondere für Gesundheitsthemen in Entwicklungsländern“, so Weathers. „Viele Menschen in diesen Ländern haben bereits Zugang zu Artemisia, also sollte die WHO die Wirksamkeit von Artemisia bei der Vorbeugung und Behandlung von Covid untersuchen. Basierend auf unseren Erfahrungen könnten wir Unterstützung bei den klinischen Studien bieten.“ Die WHO konzentriere sich zudem nur auf das Artemisin in der Pflanze, andere Inhaltsstoffe hätten jedoch ein noch viel größeres Potenzial.
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