Die Permakultur bietet eine nachhaltige Alternative zur herkömmlichen Landwirtschaft: Ein Konzept, das darauf basiert, natürliche Ökosysteme und Kreisläufe in der Natur zu beobachten und nachzuahmen. Veröffentlicht in relevant.news.
„Eine Gesellschaft kann nicht mit nur zwei bis drei Prozent Landwirt:nnen überleben. Aber die Bäuer:nnen von morgen werden nicht aus der schrumpfenden Bauernklasse kommen, sondern aus den Städten, Büros, Geschäften, Fabriken usw. Eines ist sicher: Sie werden nicht mit den Modellen der Vergangenheit auf das Land gehen. Wir müssen neue Wege erfinden, wie wir im 21. Jahrhundert Landwirte sein können.“
Perrine und Charles Hervés-Gruyer, in ihrem alten Leben Anwältin und Seemann, zogen 2004 von Paris in die Normandie, um Landwirtschaft zu betreiben. In ihrem Buch „Unser Leben mit Permakultur“ erzählen sie, wie sie zuvor um die Welt gereist waren, um von verschiedenen Kulturen zu lernen, unter anderen von indigenen Völkern. Ohne landwirtschaftliche Ausbildung beginnen sie, mit ihren Händen zu arbeiten, um „auf einer sehr kleinen Fläche mit möglichst natürlichen Mitteln eine Fülle von schmackhaftem Obst und Gemüse zu produzieren.“ 2006 wird die Ferme du Bec Hellouin gegründet und nach anfänglichen Schwierigkeiten entdecken Perrine und Charles die Permakultur. Ab diesem Zeitpunkt geht es mit ihrer Farm bergauf.
Natürliche Kreisläufe
Das Ehepaar Hervés-Gruyer beschreibt, wie es von Pionier:nnen und Modellen der biologischen Landwirtschaft lernte, darunter das biointensive Mini-Farming des US-Amerikaners John Jeavons oder die Pariser Gemüsegärtner:nnen des 19. Jahrhunderts. Alle diese Zugänge haben eines gemeinsam: auf kleinstem Raum überdurchschnittlich hohe Erträge zu erzielen. Letztendlich entstand aus den verschiedenen Einflüssen die Methode der Ferme du Bec Hellouin – unabhängig von Pestiziden und fossilen Energien. Um die Effizienz ihrer Methode wissenschaftlich zu bestätigen, wurde auf Bec Hellouin 2011 ein Forschungsprogramm gestartet. Die Ergebnisse zeigten: Der Ertrag der untersuchten Beete ist drei- bis viermal höher als bei einem konventionellen Gemüsebetrieb.
Gestiegenes Interesse
Permakultur beruht auf denselben Prinzipien wie die Bio-Landwirtschaft, geht jedoch noch einige Schritte weiter: „In der Permakultur wird etwa auf Hybridpflanzen, wie sie auch im Bio-Anbau üblich sind, verzichtet“, erklärt Marlies Ortner, Gründerin der Permakultur Akademie im Alpenraum (PIA). In der Tierhaltung gibt es ausschließlich Freilandhaltung, oft von robusten alten Rassen wie Mangalitza-Schweinen oder Sulmtaler Hühnern. „Das Interesse an Permakultur ist stark gestiegen“, sagt Marlies Ortner, die Fortbildungen für Landwirte anbietet, „vor allem bei Bauern, die sich in einer verzweifelten Situation befinden, weil sie mit den Weltmarktpreisen nicht mithalten können.“ Die Direktvermarktung vom Bauern zum Konsumenten würde von der Politik nicht genug unterstützt, kritisiert Ortner und verweist auf das lokale Wirtschaften als Grundidee der Permakultur. „Immer mehr wollen aus dem System aussteigen und verzichten daher auf staatliche Förderungen – da es für Permakulturbauern keine gibt“, so Ortner. Eine Umstellung von konventioneller Landwirtschaft zu Permakultur sei schrittweise möglich, ein erster Schritt sei die Umstellung auf Bio-Landwirtschaft. „Für die Bauern bedeutet der Umstieg zuerst einmal finanzielle Einbußen“, erklärt Ortner, „die sich später jedoch durch höhere Erträge bezahlt machen.“ Permakultur sei allerdings viel mehr als die Erträge: „Es ist die Grundlage für eine bessere Lebensqualität nachfolgender Generationen.“ Eine gesonderte Förderung für Permakultur sei in der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) grundsätzlich nicht angeführt, heißt es aus dem österreichischen Landwirtschaftsministerium. „Sofern die Anforderungen der ‚Definition einer landwirtschaftlich genutzten Fläche‘ erfüllt werden, könnten allerdings im Rahmen des Agrarumweltprogramms ÖPUL verschiedene Maßnahmen auch auf Permakulturflächen genutzt werden.“
Vorreiter in Österreich
Im Salzburger Lungau befindet sich ein Vorzeigebetrieb für Permakultur in Österreich, der Krameterhof: Auf 1.100 bis 1.500 Meter Seehöhe bewirtschaftet Josef Holzer seinen 45 Hektar großen Grund, der sich über mehrere Terrassen den Berg hinauf erstreckt. Der Land- und Forstwirt hat den Hof 2009 von seinem Vater Sepp übernommen. In der Bergbauernregion im Lungau war Sepp Holzer als der „Narrische mit die Teich“ verschrien, weil er sich die Rechte für die Mühlteiche auf seinem Grund sicherte und Fischteiche daraus machte. Heute betreibt Sepp Holzer einen eigenen Hof im Burgenland und gilt als Vorreiter der Permakultur in Österreich.
Sohn Josef nutzt die Teiche weiterhin, und zwar nicht nur für Fisch- und Krebszucht, sondern auch als nährstoffreiches Bewässerungssystem und Hochwasserschutz. Auch Wassernutzpflanzen werden hier angebaut, darunter Heilpflanzen wie der Fieberklee. Die Mehrfachnutzung ist eines der Prinzipien der Permakultur, die auf dem Krameterhof in unterschiedlichen Ausprägungen gelebt wird: „Bäume auf unseren Terrassen stabilisieren die Hänge und liefern Futter für unsere Tiere, Früchte sowie Energie in Form von Holz“, erklärt Josef Holzer. Die Terrassen werden zudem landwirtschaftlich genutzt. „In der Agroforstwirtschaft sehen wir eine große Chance für die Landwirtschaft der nächsten Generationen“, so Holzer. Weitere Vorteile von Agroforst sind eine höhere Bodenfruchtbarkeit, Erosionsschutz sowie bessere Widerstandsfähigkeit gegen Dürren und Unwetter. Zudem speichern Agroforstsysteme CO2 im Boden und halten ihn feucht.
Klimaschutz
Dass Permakultur zum Klimaschutz beiträgt, weiß Josef Holzer aus eigener Hand und erklärt, wie Kuhmist zu wertvollem Humus wird, der für den Erhalt der Böden unabdingbar ist. In den humusreichen Böden wird auf natürliche Weise CO2 gespeichert; gesunde, natürlich bewachsene Böden, die Wasser speichern können, tragen zudem zur Kühlung bei. „Der Klimawandel zeigt die Schwachstellen unseres landwirtschaftlichen Systems auf, in dem über Jahrzehnte hinweg Kulturlandschaften degradiert wurden“, ist Josef Holzer überzeugt. Wenn Vertreter der Landwirtschaft behaupteten, der Klimawandel sei an allen Problemen schuld, machten sie es sich zu leicht. „Da werden eigene Fehler wie die Zerstörung von Böden geleugnet, die seit Jahrzehnten bekannt waren. Aber man hat halt so weiter gemacht, weil es wirtschaftlich rentabel war.“ Holzer bringt ein Prinzip der Permakultur auf den Punkt: „Wir arbeiten mit der Natur, nicht gegen sie.“
Der deutsche Permakultur-Designer Jonas Gampe ist sogar überzeugt davon, dass der Schlüssel zur Lösung der Klimakrise in der Permakultur liege. „Dass Permakultur derzeit noch ein Nischen- und Pionierthema ist, liegt vor allem am fehlenden politischen Willen“ kritisiert Gampe. Er fordert die Politik auf, „sinnvoll zu fördern anstatt zu behindern und endlich eine Agrarreform, die regenerative anstatt abbauende Landwirtschaft fördert, anzustoßen.“ Gampe ist davon überzeugt, dass der Klimawandel „innerhalb kürzester Zeit komplett ausgebremst“ werden könnte, wenn die landwirtschaftlichen Strukturen weltweit verändert würden.