Drei Wochen, drei Städte: New York, New Orleans, Santa Fe – Orte, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten. Sie zeigen das andere, das liberale und kreative Amerika.
Seit der Wahl Donald Trumps reißen die Hiobsbotschaften aus den USA nicht ab. Ich höre immer wieder die Meinung, dass unter diesem Präsidenten ein Besuch der Vereinigten Staaten ausgeschlossen sei. Bei mir verhält es sich genau umgekehrt: Ich möchte wissen, ob und wie sich das Land, das ich seit 30 Jahren kenne, verändert hat. Was die Amerikaner über Trump denken und wie sich seine Präsidentschaft auf das gesellschaftliche Klima auswirkt. Also bin ich aufgebrochen, um etwas über die (politische) Stimmung im Land zu erfahren.
New York, New Orleans und Santa Fe sind Orte, die sich vom Durchschnitt amerikanischer Städte abheben: The Big Apple – das laute und weltoffene New York; The Big Easy – das entspannte und Jazz-begeisterte New Orleans; The City Different – Santa Fe, Stadt der Kreativen und Erholungsbedürftigen. Unter den vielen Menschen, mit denen ich während meiner Reise sprach, gab es einen einzigen, der positive Worte zu Donald Trump fand. Das mag daran liegen, dass meine amerikanischen Freunde und Bekannten liberal eingestellt sind und ich – etwa über Couchsurfing – Menschen kennenlernte, die aufgeschlossen und weltoffen sind. Sie alle gehen auf ihre Weise mit der politischen Situation um:
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Eine New Yorker Lehrerin erzählt mir, dass sie in ihren Deutsch-Unterricht Kritik an Trump einfließen lasse. Beim Besuch meiner ehemaligen Gastfamilie in Alabama wird die Vermutung geäußert, dass zahlreiche Trump-Wähler ihren Fehler bereits eingesehen hätten. Rosalie, eine pensionierte Journalistin aus Santa Fe, erzählt, dass sie geweint habe, als sie das Wahlergebnis erfuhr. Sie wird in diesem Sommer durch Portugal reisen, um heraus zu finden, ob sie in Zukunft dort leben möchte. Terri und Matt, die bei New York leben, haben ein offenes Haus und helfen anderen, wo es geht. In ihren Berufen als Social Worker und Lehrer möchten sie bei ihren Schützlingen Bewusstsein dafür schaffen, was in ihrem Land vor sich geht – ebenso halten sie es mit ihren eigenen Kindern. Mehr als einmal hörte ich unterwegs die Meinung, dass Rassismus durch Donald Trump wieder salonfähig geworden sei. Ich erfahre aber auch von den sogenannten „Sanctuary States“: Einzelne Bundesstaaten, die die Zusammenarbeit mit den Regierungsbehörden bei Fällen illegaler Einwanderung reduziert haben, darunter New York und New Mexico. In diesen Bundesstaaten erschweren eigene Gesetze es der Polizei in vielen Fällen, Deportationen durchzuführen.
Es gab Momente, die mich überraschten und berührten: In einen öffentlichen Bus in Santa Fe, New Mexico steigen drei offensichtlich Betrunkene ein, eine Frau kann sich kaum auf den Beinen halten. Die Busfahrerin blickt immer wieder prüfend in den Rückspiegel und bittet schließlich an einer Haltestelle die Fahrgäste um Geduld, da sie die Frau von der Rettung abholen lassen möchte. Wir steigen in den Folgebus um, fast zeitgleich kommt ein Krankenwagen und transportiert die Frau ab. Oder Momente, die die Zuvorkommenheit vieler Amerikaner bestätigen: Autofahrer, die für Fußgänger bremsen – auch ohne Zebrastreifen. Eine junge Frau, die in New Orleans mit einem Kompliment zu meiner Hose ein Gespräch beginnt und mir von ihrer österreichischen Kindergärtnerin erzählt. Immer wieder Kommentare zu Wien – „the most beautiful city!“ – und erstaunlich viele Menschen, die Austria NICHT mit Australia verwechseln. Und all die Naturschönheiten: Der Himmel über der Hochwüste New Mexicos. Die Bahnfahrt durch das Marschland Louisianas. Schwimmende Wildschweine im Honey Island Swamp nahe New Orleans.
Meine Reise zeigte mir einmal mehr die Vielfalt, aber auch Widersprüchlichkeit dieses Landes. Und sie bestätigte eine nicht zu leugnende Tatsache: die USA lassen sich nicht auf Donald Trump reduzieren.