Das Projekt Bank für Gemeinwohl ist auf der Suche nach Unterstützern. Das Ziel: 6 Millionen Euro.
Die Idee zur Bank für Gemeinwohl (ursprünglich: Demokratische Bank) entstand 2008 als Reaktion auf die Finanz- und Bankenkrise. Als Gegenentwurf zu den viel zitierten „Bad Banks“ entwickelte attac Österreich die Idee einer „Good Bank“. Christian Felber, einer der führenden Köpfe der attac-Bewegung, die sich für eine demokratische und sozial gerechte Gestaltung der globalen Wirtschaft einsetzt, legte 2010 mit anderen Mitstreitern den Grundstein für die Bank für Gemeinwohl. Heute sind rund 100 großteils ehrenamtliche Mitarbeiter damit beschäftigt, das Projekt voranzutreiben, über 30 bekannte Persönlichkeiten wie die Unternehmer Josef Zotter und Johannes Gutmann oder Kabarettist Thomas Maurer unterstützen das Vorhaben auch in der Öffentlichkeit.
Demokratisches Gestalten „Die Wirtschaft, insbesondere die Finanzwirtschaft, schafft derzeit mehr Probleme, als sie löst“, meint Christian Felber. „Geld sollte nur das Mittel, und nicht das Ziel irgendeiner wirtschaftlichen Tätigkeit sein.“ Ziele der Bank sind demnach die Förderung sozial und ökologisch nachhaltiger Entwicklung, Verteilungsgerechtigkeit, demokratische Mitbestimmung, Geschlechtergerechtigkeit sowie regionale und kulturelle Vielfalt. „Geld soll zu einem dienenden Mittel für das Gemeinwohl und in Richtung öffentliches Gut weiterentwickelt werden“, so Felber.
Insbesondere sollen regionale Wirtschaftskreisläufe, kleine Unternehmen und Haushalte gefördert werden. Die Bank verzichtet auf ethisch und ökologisch fragwürdige Geschäfte wie etwa spekulative Eigengeschäfte und konzentriert sich auf das Fördern von besonders wertvollen sozialen und nachhaltigen Projekten. Nicht der Profit, sondern die Maximierung des Gemeinwohls steht im Mittelpunkt, nach demokratisch vorgegebenen Kriterien. Die Bank wird auch Kredite vergeben – und dabei Projekte, die dem Gemeinwohl dienen, besonders fördern. „Biolebensmittel, erneuerbare Energien, fairer Handel und regionale Wirtschaftsstrukturen sollen Vorrang erhalten“, erklärt Felber. Transparenz steht dabei im Vordergrund: Ziele und Maßnahmen sollen genau nachvollziehbar kommuniziert werden, etwa die Verwendung von Kundengeldern. Durch demokratisches Gestalten wird Geld zu einem Mittel des Gemeinwohls und der Lebensqualität für alle. So wird es auch ein Kontingent von Gratiskonten für sozial benachteiligte Haushalte geben. Geld bleibt dadurch nicht nur ein privates Gut, sondern wird auch zu einem öffentlichen Gut.
„Die Wirtschaft, insbesondere die Finanzwirtschaft, schafft derzeit mehr Probleme, als sie löst.“
Jeder kann mitgründen „Bisher haben mehr als 110 Menschen Anteile der neu gegründeten BfG Eigentümer/-innen- und Verwaltungsgenossenschaft gekauft“, sagt Genossenschaftsvorständin Christine Tschütscher. 149 Gründungsmitglieder der Träger-Genossenschaft waren vorerst zur Zeichnung von Anteilen eingeladen.

In der zweiten Phase werden rund 7.000 Menschen, die sich bereits am Thema interessiert gezeigt haben, eingeladen, sich zu beteiligen. „In zwei bis drei Monaten werden wir uns dann an die breite Öffentlichkeit wenden“, so Tschütscher. Ab 200 Euro ist man dabei und kann als Mitglied der Genossenschaft dazu beitragen, Österreichs erste Alternativ-Bank ins Leben zu rufen. Der Höchstbetrag ist 100.000 Euro. „Wir benötigen vorerst 6 Millionen Euro, um bei der Finanzmarktaufsicht die Bankenkonzession zu beantragen“, ergänzt Tschütscher„Das Ziel insgesamt sind 15 Millionen Euro, um die Bank auf stabile Beine zu stellen. Für die Gründung der Bank werden etwa 40.000 Genossenschafter benötigt. „ Wir suchen Menschen, die aktiv die Entwicklungen mitgestalten, aber auch ehrenamtliche Mitarbeiter“, erklärt Christine Tschütscher. Es gibt vier Arbeitskreise (Kampagne, Bankplanung, IT und Sicherheit sowie Genossenschaftsentwicklung), je nach Interessen und Ressourcen werden Interessierte in diese Arbeitskreise eingebunden.
„Mit dem Angebot, freiwillig auf Zinsen für veranlagtes Geld zu verzichten, sollen Projekte für das Gemeinwohl ermöglicht werden.“
Auf Zinsen verzichten Die Genossenschaft und ihre Mitglieder entwickeln demokratische Spielregeln für Entscheidungsprozesse im Sinne von Mitbestimmung, Transparenz und Gerechtigkeit. Ein besonderes Anliegen der Bank ist es, die sozialen und ökologischen Auswirkungen von Zinsen sichtbar zu machen. „Mit dem Angebot, freiwillig auf Zinsen für veranlagtes Geld zu verzichten, sollen Projekte für das Gemeinwohl ermöglicht werden“, erklärt Christian Felber. Wer Interesse hat, Anteile zu zeichnen und dadurch Genossenschaftsmitglied zu werden, ist aufgefordert, sich im Vorfeld die Satzung der Genossenschaft sowie den Kapitalmarktprospekt durchlesen. Sinn dieses gesetzlich vorgeschriebenen Kapitalmarktprospekts ist es, die Anteilszeichner auf alle theoretischen Risiken aufmerksam zu machen – Genossenschaftsvorstand Robert Moser vergleicht dies mit einem Beipackzettel für ein Medikament. Da der Kapitalmarktprospekt ein öffentliches Angebot in Österreich darstellt, ist der Zugriff auf Personen mit Wohnsitz in Österreich beschränkt. Für EWR Bürger ist die Zeichnung aus rechtlichen Gründen aktuell nur im Rahmen eines Private Placements möglich. Als Teil der Genossenschaft wurde auch eine Akademie gegründet, die Wissen über das Geld- und Bankwesen und über gemeinwohlfördernde Finanzpraktiken vermitteln möchte. Ebenso will sie Bewusstsein zu den Themen Geld, Zinsen, Umverteilung und Demokratisierung schaffen.
Vorzeigeprojekte Bereits bestehende ethische Banken zeigen vor, wie es geht: die deutsche GLS-Bank ist die weltweit erste Bank für sozial-ökologische Geldanlagen und zur Finanzierung nachhaltiger Unternehmen und Projekte. Die Freie Gemeinschaftsbank in Basel hat es sich zum Ziel gesetzt, „einen anderen Umgang der Menschen mit Geld zu fördern.“ „Von diesen Banken bekommen wir Unterstützung durch Know-How“, so Tschütscher. „Interessant ist auch, dass die ethischen Banken deutlich stärker wachsen als herkömmliche Institute und zum Teil sehr geringe Risiken haben.“ Für den Start der Bank für Gemeinwohl, (voraussichtlich Ende 2016), sind einige Informationsbüros und bei Bedarf weitere Geschäftsstellen vorgesehen. Das Hauptgeschäft soll über Online-Banking und mobile Berater abgewickelt werden, die im Bedarfsfall auch Hausbesuche abstatten. Die Bank für Gemeinwohl wird alles bieten, was man im täglichen Geldleben grundsätzlich benötigt: Girokonten mit Online Banking, Bankomat- und Kreditkarten sowie Sparkonten. Trotzdem unterscheidet sie sich grundlegend von herkömmlichen Banken, wie Mitgründer Christian Felber es auf den Punkt bringt: „Die Bank für Gemeinwohl ist in Österreich ein erster Prototyp, der zeigen soll, wie es anders gehen kann.“