„Preserve the plants, stay on the path“. Das Schild im High Line Park im Westen Manhattans steht für ein neues, grünes New York. Dank Umweltplan entwickelt sich die Millionstadt zu einer Metropole der Nachhaltigkeit.
Auf dem Spazierweg herrscht an diesem Samstag reges Treiben: zahlreiche Spaziergänger und Jogger nützen den schönen Tag, um dem Großstadttrubel zu entfliehen, Kinder balancieren auf den stillgelegten Gleisen. Die 2,5 km lange High Line ist eines der Vorzeigeprojekte des neuen, grünen New York: jahrelang rottete die ehemalige Hochbahntrasse in Chelsea vor sich hin, bis eine Bürgerinitiative die Umwandlung in eine begrünte Promenade erwirkte. Heute kümmern sich ehrenamtliche Gärtner um die Grünflächen, Holzbänke laden zum Verweilen ein. Der Spaziergang 20 Meter über der Stadt ist bei New Yorkern wie Touristen gleichermaßen beliebt, hier lässt es sich gut vom Trubel der Großstadt verschnaufen.
Mehr Grünflächen 2007 legte der damalige Bürgermeister Michael Bloomberg mit PlaNYC einen ehrgeizigen Umweltplan vor: er sieht vor, die Treibhausgase in New York bis zum Jahr 2030 um 30 Prozent zu senken, eine Million Bäume zu pflanzen, den Energieverbrauch zu senken und Müllberge zu verringern. Jeder New Yorker soll nicht weiter als zehn Minuten Fußweg von einem Park entfernt leben. Bloombergs Plan, alle Taxis auf Hybrid-Autos umzustellen, scheiterte jedoch am Widerstand einzelner Taxi-Unternehmen. Die ersten Erfolge von plaNYC sind bereits sicht- und spürbar: 950 000 Bäume wurden gepflanzt und der CO2-Ausstoß um 20 Prozent gesenkt. Im Zuge des Projekts Vision 2020 wurden Grünflächen am Wasser wie die Hudson River Park Promenade oder der Brooklyn Bridge Park angelegt. Dahinter steht Amanda Burden, Planungsleiterin unter Bürgermeister Bloomberg. Ihre Idee war es auch, den Eigentümern der Flächen unterhalb der High Line zu erlauben, ihre Landrechte an Besitzer von angrenzenden Liegenschaften zu verkaufen. Das ermöglichte einen regelrechten Bauboom, der das lange brachliegende Viertel im Westen Manhattans florieren ließ.
Radfahren in der City
Auch der Manhattan Waterfront Greenway, ein 50 km langer begrünter Rad- und Gehweg, der beinahe die gesamte Insel umrundet, geht auf Burdens Konto. 600 km Fahrradwege wurden angelegt, mit dem CitiBike gibt es seit letztem Jahr das größte Leihradsystem der USA. Für Menschen, die in Downtown Manhattan unterwegs sind und eine kurze Strecke zurücklegen möchten, ist das CitiBike perfekt, für lange Strecken bieten sich Radverleihe wie Bike&Roll an, der mehrere Verleihstationen in Manhattan hat. Während Radfahren in den dicht befahrenen Straßen sich nach wie vor als Abenteuer gestaltet, ist es im Central Park alles andere als das: Radfahren ist hier nur auf der Hauptstraße, die einmal rund um den Park führt, erlaubt und das ausschließlich gegen den Uhrzeigersinn. („Cyclists must always travel counter-clockwise around the Park“). Diese Regulierungswut zeigt sich auch auf anderen Gebieten – „Tidy up behind your dog“, „No smoking within the park“ – wird aber ebenso gerne ad absurdum geführt, etwa wenn Skater sich den Broadway erobern, begleitet vom wütenden Hupen der Autofahrer.
Der Times Square als Fußgängerzone
Verantwortlich für die Transformation New Yorks in eine radfahrer- und fußgängerfreundliche Stadt ist Janette Sadik-Khan, Verkehrsbeauftragte unter Bürgermeister Bloomberg. „Unsere Straßen waren aus dem Gleichgewicht“, sagt Sadik-Khan. „Sie waren in erster Linie für Autos konzipiert, obwohl nur ein Drittel der New Yorker regelmäßig mit dem Auto unterwegs ist.“ Sakik-Khan hatte die Idee, verkehrsberuhigte Zonen in Manhattan einzuführen, einschließlich einer Fußgängerzone am Times Square. „Der Times Square war früher ein gordischer Verkehrsknoten“, ergänzt die Politikerin. „90 Prozent der Straßen waren für Autos vorgesehen, aber 90 Prozent der Nutzer waren Fußgänger. Die Leute kommen nicht zum Times Square, um sich den Verkehr anzusehen.“ Heute gibt es dort, wo früher Autos die Straßen verstopften, eine Fußgängerzone mit öffentlichen Sitzgelegenheiten und eine Tribüne, auf der erschöpfte Besucher das Treiben rundherum auf sich wirken lassen können.
Gärtnern in der Stadt Auch Urban Gardening boomt in Form von Gemeinschaftsgärten, den community gardens. Ein besonders idyllisches Beispiel dafür ist der Joseph Daniel Wilson Memorial Garden in Harlem: eingeklemmt zwischen den typischen Brownstone-Häusern wachsen hier Apfelbäume neben Gemüsepflanzen und einer Unmenge an Blumen.
Initiatiorin des Gartens war Cynthia Nibbelink Worley, die bereits 1985 das „Project Harmony“ ins Leben rief, um das Viertel sicher und sauber zu halten. Heute steht Worleys Garten unter dem Schutz von Green Thumb, dem New Yorker Programm für Gemeinschaftsgärten, aber das war nicht immer so: „Der damalige Bürgermeister Rudy Guiliani wollte „ungenütztes“ Stadtgebiet für andere Zwecke verwenden“ erklärt die heute 66 jährige. „Aber wir konnten uns mit Hilfe eines Anwalts und zahlreicher Mitstreiter durchsetzen.“ Wenige Jahre später unterschrieb der neugewählte Bürgermeister Michael Bloomberg eine Vereinbarung, die 200 Gemeinschaftsgärten in die Zuständigkeit des Park Department aufnahm.
Nicht nur New Yorks Politiker sind gefordert, Bloombergs Umweltziele umzusetzen, sondern auch die Bewohner. GreeNYC, die Ergänzung zu PlaNYC, bietet zahlreiche Tipps für einen nachhaltigen Lebensstil wie sparsamen Energieverbrauch, Müllvermeidung oder Recycling. „Unser Stromanbieter schickte sogar Mitarbeiter aus, um Menschen mit Energiesparlampen auszustatten“, erzählt Carola Doll, eine Deutsche, die seit sechs Jahren in Manhattan lebt. „Und der Hausmeister ist aufgefordert, die Mülltrennung zu kontrollieren – bei Nichtbeachtung droht eine Geldstrafe.“ Bürgermeister Bill de Blasio will Bloombergs Umweltkurs übrigens fortsetzen: bis 2050 sollen die Treibhausgase um 80 Prozent reduziert werden.