Stundenlange Fahrten durch die trockene Savanne, terracotta-farbene Landschaft mit grünen Tupfern. Lachende und staunende Kindergesichter, wo immer wir hinkommen. Würde und Stolz inmitten einfachster Verhältnisse.
Eine Reise mit Licht für die Welt nach Burkina Faso, Westafrika, katapultierte mich innerhalb weniger Stunden Flugreise in eine andere Welt. Ich wusste, dass Burkina Faso eines der ärmsten Länder der Welt ist, dass knapp die Hälfte der Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze lebt und nur 29% der Menschen lesen und schreiben können. Nicht vorbereitet war ich darauf, Kindern in die Augen zu sehen, die sich in der Schule kaum konzentrieren können, weil sie so hungrig sind.
Und doch gehen Kinder hier gerne zur Schule, denn Schulbildung ist alles andere als eine Selbstverständlichkeit – gerade für Menschen mit Behinderung. Hier kommt Licht für die Welt ins Spiel: der Verein setzt sich seit 25 Jahren für die Chancen und Rechte behinderter Menschen in benachteiligten Regionen unserer Erde ein. 80% aller Menschen mit Behinderung leben in Entwicklungsländern: Sie haben kaum Zugang zu medizinischer Versorgung, Bildung oder Arbeit und sind Diskriminierungen ausgesetzt. In Burkina Faso sind ca. 14% der Menschen betroffen; rund die Hälfte der Behinderungen wäre vermeidbar oder könnte behandelt werden.
Das Community Based Rehabilitation Center (CBR) in Garango ist eines von acht Gemeindenahen Rehabilitationsprogrammen in Burkina Faso, die von Licht für die Welt ermöglicht werden. Hier klären Gesundheitshelfer Familien und die Dorfgemeinschaft über die tatsächlichen Ursachen von Behinderungen auf und bieten Unterstützung an. Hier lernen wir die fünfjährige Barri kennen, die gerade mit einem Rollwagen gehen übt – bevor sie hierher kam, verbrachte sie ihre Zeit liegend. In regelmäßigen Therapiestunden werden Kinder wie Barri auf ein selbständiges Leben und einen Schulbesuch vorbereitet. Auch Augenoperationen werden im Center durchgeführt: jeden Montag behandelt Schwester Therese bis zu 150 Patienten, die am Grauen Star erkrankt sind.
Der Hintergrund: 85 % aller blinden Menschen weltweit leben in Armutsgebieten, knapp die Hälfte wäre durch eine Operation am Grauen Star heilbar. Licht für die Welt bietet Augenlicht-Patenschaften für Menschen an, die helfen möchten.
Wir besuchen die Familie des fünfjährigen Emanuel, der irgendwo im Busch geboren wurde und dort von seiner Mutter – die unverheiratet war – zurück gelassen wurde. Das Baby wurde erst nach 24 Stunden gefunden und war von Geburt an komplett gelähmt. Doch Emanuel hatte Glück im Unglück: Noelie, die selbst keine Kinder bekommen konnte, nahm sich des Kindes an. Und Helène, eine Sozialarbeiterin des nahen Centers, brachte der Frau bei, Emanuel mithilfe von Übungen zu fördern. Heute kann Emanuel die Hand heben und hat sich zum Ziel gesetzt, eines Tages stehen zu können.
Mit jedem Besuch, jedem Erlebnisbericht wächst meine Hochachtung vor den Menschen, die in diesem Land oft unter widrigsten Umständen leben und uns dennoch stets mit einem Lächeln auf den Lippen empfangen. Ich bin dankbar für die Arbeit von Organisationen wie Licht für die Welt, die sich unermüdlich dafür einsetzen, das Leben dieser Menschen zu verbessern.
Und das Land zieht mich zusehends in seinen Bann, auch wenn die afrikanische Savanne uns bei gleißender Hitze und staubiger Luft einiges abverlangt. Es herrscht Trockenzeit, und der Staub dringt bis in die kleinsten Ritzen, macht den Mund trocken und verstopft unsere Nasen.
Besonderen Eindruck hinterlässt eine Schule in der Hauptstadt Ouagadougou: in der École des Jeunes Aveugles, Schule für blinde Jugendliche (EJA) werden 157 blinde und sehbehinderte Schüler auf den Besuch von weiterführenden Schulen vorbereitet: Sie lernen die Braille-Schrift und werden medizinisch versorgt. Die meisten der Kinder kommen von weit her und sind in Gastfamilien untergebracht, die von Sozialarbeitern unterstützt werden. Auch Erwachsene, die ihr Augenlicht verloren haben, werden an der EJA psychologisch beraten und in der Braille-Schrift unterrichtet. Die Schule wird von Licht für die Welt finanziell unterstützt.
Das Ziel von Licht für die Welt ist, nachhaltig wirksame Strukturen aufzubauen. In den Programmländern arbeitet der Verein eng mit lokalen Partnern, Fachorganisationen, Experten und offiziellen Stellen zusammen. De Schwerpunkt liegt dabei auf der Ausbildung lokaler Fachkräfte – nur so kann eine dauerhafte medizinische Versorgung der Bevölkerung gewährleistet werden. Mit einer Kinderpatenschaft können behinderte Kinder unterstützt werden.
Ein Kommentar
Vielen Dank für den interessanten Artikel! Ich habe etwa ein Jahr in Burkina Faso gelebt und als Journalist gearbeitet, die Trockenzeit ist definitiv nicht die angenehmste Jahreszeit für einen Besuch.
Falls Sie an einer guten Lektüre zu den politischen und gesellschaftlichen Hintergründen Burkinas interessiert sind: ich habe zusammen mit einer Co-Autorin ein Sach-ebook zum Land geschrieben – die erste Umfassende Publikation zu Burkina Faso auf Deutsch. Bei Bedarf finden Sie weitere Informationen hier: http://www.AfrikaEcho.de
Viele Grüße,
Peter Dörrie